Rund um Tromsø


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Vierter Tag: Überraschungen auf dem Weg nach Tromsø

Ich bin bereits viel gereist, Thomas auch, aber derartiges hatten wir noch nicht erlebt. Außergewöhnliche Überraschungen beim Wetter, beim Autofahren, beim Hotel Auffinden und beim Einchecken. Aber eines nach dem anderen.

Es sollte für uns rund 500 Kilometer weiter in den Norden bis kurz vor Tromsø gehen – haben wir wenigstens gedacht. Der Wecker hatte um 6.30 Uhr geklingelt. Holzscheite wandern wie jeden Morgen als erstes in den Ofen. Das Wasser im großen alten Kessel auf dem Ofen ist noch schön heiß. Vermengt mit kaltem Wasser in einen großen Eimer wird die Pumpe reingelegt und angestellt. Ab in die Hüttendusche. Die kann ich gar nicht oft genug erwähnen, so begeistert bin ich, auch wenn der Aufwand für 5 Minuten Dusche beträchtliche 15 MinutenOrganisation benötigt. Frisch geduscht komme ich aus dem Bad. Kein Kaffeeduft, keine Pfannkuchen. Thomas? Thoooomas??? Ein Blick aus der Hütte verschafft Klarheit, er steht mal wieder auf dem Fjord, den Fotoapparat vor dem Gesicht.


Jeder bekommt, was er braucht. Ich die Dusche, Thomas tolles Morgenlicht und eine aufgehende Sonne im Südosten. Mit diesem phantastischen Wetter hatte der Tag begonnen.

Ich packe meine Klamotten im Badezimmer zusammen und komme wieder in das Wohnzimmer zurück. Thomas schmiert sich Stullen. Ich frage, „keine Pfannkuchen?“ Nein. Ooooch! Nun gut, schlage ich also Rührei vor. Auch eins? „Äh, du hast die Uhr im Blick?“, sagt er. Die Fähre geht um 9 Uhr. Wir benötigen 20 Minuten von der Hütte zu ihr. Es ist 7.15 Uhr. Aber Zeit für Fotos am Morgen ist ja, oder was? Ich mache mir also trotzdem ein Rührei. Um 8.20 Uhr sitzen wir im Auto mit Sack und Pack. Ich bin satt, und Thomas ist glücklich, trotzdem noch genügend Zeit für vorbeikommende Fotomotive zu haben.


Soweit der Morgen. Was dann kommt lässt sich nur als Abenteuer beschreiben. Ich sage nur „etwas Schnee“ ist gar nichts. Das, was kam, war ein veritabler Schneesturm. Terje hatte mit seinen Warnungen mehr als recht. Wir hatten ja keine Ahnung! Im Schneckentempo geht es voran. Ein Räumfahrzeug fährt uns entgegen. Dann: Null Sicht. Die Scheibenwischer schaffen es nicht mehr. Überhaupt können wir von Glück reden, wenn wir 10 Meter weit sehen können. Die Straßen sind einfach nur noch weiß. Glücklicherweise sind Spikes aufgezogen. Sonst ginge gar nichts mehr.

Unser Hotel Senjagården in Gibostad soll rund 60 Kilometer von Tromsö entfernt liegen. Das schreibt das Hotel. Wir müssen laut der vom Hotel übermittelten Lagekarte nur eine Abzweigung vorher abbiegen. Zum Spaß frage ich aber doch nochmal über google Maps nach – was für ein Glück, dass wir in dieser Einöde überhaupt Empfang haben. 180 Kilometer werden ausgespuckt??? Das kann doch nicht wahr sein. Was schreiben die Hotelleute für einen Mist. Von wegen. Es stimmt. Aber: Es ist eine Route über eine Fähre. Für uns bedeutet die Neuigkeit plötzlich viel mehr Kilometer als gedacht. In völliger Konfusion ob der Entfernungen waren wir bereits 30 Kilometer am  Hotel vorbei. Und dann noch dieses Schneetreiben. Das zehrt an unseren Nerven. Und es wurde auch noch dunkel. Aber so richtig dunkel um uns. Schwarz.

Völlig mit den Nerven runter kommen wir in dem Örtchen Gibostad auf der Insel Senja an. Wo aber ist das Hotel. Da sollte doch ein Weg vor dem Ortseingang rechts abgehen? Wir fahren den Weg vier Mal hoch und vier Mal herunter. Da ist kein Weg. Verflucht. Und die Sicht ist immer noch übel. Ein kurzes aufklaren. Oberhalb des Hanges entdecken wir dann doch das Hotel. Alles ist dunkel und eine Straße nicht in Sicht. Doch dann sehen wir eine weiße Fläche zwischen zwei Zäunen. Könnte das ein Weg sein? Thomas hält an. Ich stiefel los. Tatsächlich, es ist ein Weg. Jedoch derart zugeschneit. Wie sollen wir da bergauf kommen? Kurz, es klappte. Irgendwie. Spikes sei dank.

Das war also geschafft. Wir gingen ins Hotel Senjagården. Offene Türen. Offene Zimmer. Offenes Restaurant. Das Licht funktioniert. Der Fernseher. Das Wasser ist warm. Aber kein Mensch weit und breit! Alles irgendwie unheimlich. Shining lässt grüßen. Wir entdecken eine Nachtklingel. Kein Mensch reagiert. Wir rufen die Telefonnummer des Hotels an. „Bitte hinterlassen sie eine Nachricht!“, kommt auf norwegisch durch das Telefon. Wir schauen aus dem Fenster. Das Schneetreiben nimmt wieder zu. Wir recherchieren nochmal im Internet. Norwegische Datenflat sei dank.

So vergeht eine halbe Stunde in der wir uns entscheiden, zu einem einsamen Haus unterhalb des Hotels zu gehen. Dort machen uns zwei völlig verschüchterte und verängstigte junge Norwegerinnen die Tür auf, denn wir stromerten zunächst um das Haus herum, auf der Suche nach dem Eingang und klopfen erst dann. Tatsächlich, sie kannten die Chefin des Hauses und sie konnten für uns anrufen. Ohne Erfolg. Aber just in diesem Moment: Mein Telefon klingelt. Es ist tatsächlich die Chefin: Sie habe vor einigen Tagen ihr Baby zur Welt gebracht und der Herr, der sich um uns kümmern sollte, liegt im Krankenhaus in Tromsø. Unfall. Wir beschreiben die Lage. „Suchen sie sich ein offenes Zimmer aus!“ Wir nehmen das Appartement. Mit eigener Küche. Uff, wir brauchen nicht verhungern und können unser mitgebrachtes Essen zubereiten. Was für ein Luxus. Eigentlich hatten wir ein Doppelzimmer gebucht.


Draußen stürmt es wieder. Der Wagen wird morgen, wenn das so weiter geht, eingeschneit sein. Wir sind gespannt, ob und wie wir es wohl noch nach Tromsø schaffen werden. Wir wissen jetzt wirklich, reisen in Norwegen im Winter ist speziell, ein Abenteuer und immer überraschend. Mein Onkel hatte recht, mehr als das.

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Warten


Mit Thomas unterwegs zu sein bedeutet, an unmöglichen Stellen zu stoppen und zu warten. Das kann bis zu 20 Minuten dauern. Alles richtet sich an einer Prämisse aus: Die Suche nach dem ultimativen Foto.


Voraussetzungen dafür sind besonderes Licht und viele andere Dinge, die sich mir nicht immer erschließen. Warum zum Teufel fotografiert er eine verlassene Straße auf der wir gerade entlangfahren, obwohl es gerade heftigst schneit? Klar, dass dafür angehalten werden muss. In Norwegen geht das. Es ist einfach weniger Verkehr … Im Winter, nicht im Sommer, wenn die ganzen Wohnmobile hier langdonnern.

Kaum ist irgendwo ein blaues Loch im Himmel, heißt es wieder stoppen. Ich habe mich in meiner nun über 20 Jahre dauernden Freundschaft zu Thomas darauf eingestellt. Ich gehe einfach vor, oder ich sitze eben im Auto und schreibe Texte. Ich habe mal gehört, dass das mit Surfern ähnlich sein soll. Da sitzen die Freundinnen oder Ehepartnerinnen im Bus, während sich der Mann auf dem Wasser vergnügt. Es soll auch die umgekehrte Richtung geben. Wir sind zwei Männer, Freunde, das ist bei langen Freundschaften durchaus eheähnlich. Wir wissen, was wir aneinander haben.


Manchmal wundere ich mich dann aber doch. Warum ist diese Perspektive, dieses Motiv nicht schön? Ne, er fotografiert das einfach nicht. Ich frage ihn gar nicht erst. Stattdessen müssen wir schon wieder halten. Er raus. Fotografiert. Ich tippe. Er kommt rein: „Was tippst du da eigentlich, ist ja unglaublich.“ Ich: „Nun ja, ich frage dich doch auch nicht, was du da gerade fotografierst!“ Ehepaar.

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Dritter Tag: neue Planungen

Gestern haben wir erfahren, was reisen mit dem Auto im Winter in Nordnorwegen bedeutet. Heute müssen wir uns überlegen, was möglich und machbar ist. Am frühen Morgen ist für Thomas aber zunächst eine Wanderung angesagt. Motivsuche. Um 6 Uhr hat der Wecker geklingelt. Ist das Licht gut? Es ist bedeckt. Das lohnt sich nicht.

Um 8.30 Uhr gibt es dann aber kein Halten mehr. Ich drehe mich im Bett noch einmal um. Thomas geht los. Die Natur um Hillingan wird von der Sonne bestrahlt.


Nach unserem Frühstück geht es zurück in die Zivilisation. In Nordnorwegen gibt es fast überall kostenlosen Zugang zum Internet, so auch in Innhavet, dem Örtchen in der Nähe von Hillingan, 30 Kilometer entfernt. Nach einem Zwischenstopp am kleinen Hafen für Fotografien über den Sagfjord bei strahlendem Sonnenschein haben wir uns ins Hotel Hamarøy begeben, um alles für unsere Weiterfahrt in den Norden herauszufinden: Fährverbindungen, Hotel für Tromsø, Kosten. Außerdem müssen wir herausfinden, wie wir die Fotos angemessen präsentieren können. Die Technik von WordPress will nicht so wie wir sie wollen. Inhalt und Form soll uns beide zufrieden stellen (Nachtrag 2018: Zwischenzeitlich ist der Blog umgezogen auf eine eigene Webseite und einen deutschen Host).


Zurück in der Hütte sitzen wir am Ofen. Es ist 20 Uhr. Von draußen kommen Geräusche. Mein Onkel Terje macht gerne Späße. “Habt ihr euch erschreckt?”, fragt er, als ich vorsichtig nach draußen spinxe. Klaro. Er hält ein Elchgeweih in der Hand und schabt damit an der Hütte. Jorba, sein Elchhund, ist kaum zu halten und will das Geweih in sein Maul bekommen.

Drinnen gibt es Kaffee. Jorba muss draußen bleiben. Sie ist schließlich ein Elchhund. Verwöhnen ist nicht. Wir aber verwöhnen meinen Onkel umgehend mit Kaffee. Kaffee trinken Norweger um jede Uhrzeit und bei jeder Gelegenheit. Er will uns Neuigkeiten zu unseren Reiseabsichten nach Tromsø und Alta, wo mein Cousin lebt, Terje’s Sohn, bringen: Mit einem Kaffee bei meinem Cousin in Alta wird es nichts. Es ist Sturm angekündigt und wir müssten über einen Pass. Schneeverwehungen sind möglich. Außerdem ist heftiger Schneefall in der Region Alta, nördlich von Tromsø, angesagt. Auf der Strecke ab Tromsø liegen bereits zwei Meter Schnee!!! Der Weg ab Tromsø könnte so bis zu vier Stunden dauern. Im Sommer sind es maximal eineinhalb Stunden. Bis Tromsø sei der Weg aber sicher.

Die Konsequenz: Planen wir halt um. Wir buchen zwei Nächte in einem Hotel bei Tromsø. Morgen früh um 8 Uhr geht es los. Wir sind gespannt.

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Zweiter Tag: Fjordwanderungen, norwegischen Spezialitäten und neue Erkenntnisse

Gestern grau, heute weiß. Die Natur hat sich sich heute von ihrer schönsten Seite gezeigt. Aber auch von ihrer tückischen.

Der Schnee verdeckt das Eis auf dem Boden, das sich in den letzten Tagen gebildet hatte. Jeder Schritt wird zu einem Eiertanz. Zum Fjord geht es ein klein wenig bergab. Bei unserer gestrigen Nachtwanderung hatten wir die vereisten Stellen gut sehen und ausweichen können. Heute liegen wir beide sofort auf unserem Hintern.

Aber wir lassen uns nicht aufhalten: Wir wollen dieses mal richtig auf den Fjord wandern. Da wissen wir wenigstens, dass überall Eis ist. Wir hören kein Knacken. Alles ist ruhig. Also los. Thomas zückt die Kamera. Es ist wieder Zeit für ungewöhnliche Perspektiven. Auf der Mitte des Fjords angekommen schweift der Blick in die Runde. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl dort zu stehen, wo wir sonst nur mit dem Boot zu unseren Seelachsfangstellen rüberdüsen.

Ich drehe mich um und will wieder zurück. Ich gehe los. Ein Ruf. Erschrocken drehe ich mich um. Bekomme ich Morgen keine Pfannkuchen? 

Oh doch. Aber ich habe nicht ahnen können, dass mir in der kommenden Stunde die Füße abfrieren würden. Thomas hat Stehfleisch. Er will auf den Sonnenuntergang warten, da der Himmel gerade aufklart. Das besondere Licht. Ich versuche zum Zeitvertreib einen Schneemann zu bauen, aber der Schnee klebt nicht.

Zurück in der Hütte werden die Füße am Ofen aufgetaut und eine norwegische Spezialität wandert in unsere Mägen: Lefse. Diese werden wie Crêpes auf einer runden Platte zubereitet, sind aber etwas dicker und fluffiger und werden mit Butter bestrichen sowie mit Zimt und Zucker bestreut kalt gegessen. Das ist einfach lecker, und, wenn sie von meinen Tanten zubereitet wurden, einmal mehr.

Die Essenszeiten haben sich mittlerweile verschoben. Frühstück um 12 Uhr, Mittagessen um 16 Uhr, Kaffe und Kuchen um 19 Uhr und Abendbrot um 23 Uhr. Für all diese Essenszeiten hat Norwegen durchaus Spezialitäten zu bieten. Dazu gehören auch die für erstmalige Esser etwas gewöhnungsbedürftigen Fiskeboller. Das sind weiche Fischklöße die in einer Mehlschwitze aufgewärmt werden. Am besten schmecken mir die von Vesterålen. Dazu gibt es rote Beete und Kartoffeln. Es ist der Geschmack meiner Kindheit in Norwegen. Lecker sieht das nicht aus. Eher wie eine Pampe. Ich liebe das, und die Klöße gehören immer zu meinen Muss-Mahlzeiten hier. Auch heute Mittag … ich meinte Nachmittag.

Jetzt um 0.30 Uhr sind wir einfach nur vollgefuttert und müde. Morgen müssen wir Tromsø planen. Google Maps hatte für unseren Besuch bei meinem Cousin Gaute (das klingt auf norwegisch ausgesprochen fast wie „Göthe“) eine Fahrtzeit von 5,5 Stunden ausgewiesen. Da wir soeben bei seinem Vater Terje waren, wissen wir es jetzt besser: 9 Stunden. Kilometer sind eben nicht Kilometer, besonders nicht in Norwegen, besonders nicht im Winter.


Erste Natureindrücke


Ausblick aus dem Büro von Rent a Wreck, unserem Autoverleiher

Auf Hellingen



Hüttenleben

Zuhause ist alles da, fließend warmes Wasser, eine Dusche, Zentralheizung, Strom, Toilette, jeder hat seinen Platz, alles hat seinen Platz.

Jedes mal, wenn ich in der Hütte ankomme, muss ich mich erstmal sortieren. Mit Thomas hat es das letzte mal gut funktioniert. Jetzt sind wir fast ein eingespieltes Team.

Thomas hat das Außenplumpsklo fertig gemacht, während ich mich um unseren neuesten Hüttenluxus kümmerte: eine Innen-Dusche! Mittlerweile bekommt der Hüttenliebhaber ja alles, was er braucht. Das ursprünglich so archaische hytteliv (Hüttenleben) bleibt zwar ein wenig auf der Strecke, aber egal. Niemand ist gezwungen, jeden Tag zu duschen.

Um zu kochen, die Betten oder das Badezimmer fertig zu machen, müssen wir suchen. Wo sind die Bezüge, wo sind Handtücher, wo die Pfanne, ist noch genug Pfeffer und Salz da, nutzen wir lieber Porzellanteller oder Pappteller, um Abwasch zu verhindern. Ich fahre fast jedes Jahr auf die Hütte. Ein Tag ist nötig, um sich zu sortieren. Es gehört dazu.

Nach einem Tag ist alles an seinem Platz. Zahlreiche Kanister sind mit Wasser gefüllt, Essen ist da, die Schlafstätten sind fertig und der erste Abwasch wartet auch, nachdem wir Nackensteak mit Kartoffeln und Brokkoli zum Abendessen sowie Pfannkuchen mit Syltetøy (Marmelade) und Rømme (eine Art Schmand) zum Frühstück genossen haben.

Der Ofen bollert die Hütte auf unfassbare 22 Grad hoch, obwohl es draußen -2 Grad sind. Außerdem schneit es reichlich. Nachdem wir gestern fast schon enttäuscht waren über diese schneefreie Landschaft, bekommen wir nun also auch das: das norwegische Schneepanorama.

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Erster Tag: Ankommen

Zum Ankommen in Norwegen gehört für mich, die Verwandten zu begrüßen und alles für den Aufenthalt vor Ort zu organisieren.

Der Mann meiner Cousine wartet am Flughafen. Ohne fahrbaren Untersatz ist jeder in Nordnorwegen aufgeschmissen. Von ihm bekommen wir unser Auto. Er verleiht Autos, keine nagelneuen, nein „Wrecks“. Nein, ein Wrack ist unser Opel Astra Kombi nicht. Aber es ist auch nicht das neueste Modell.

Die Firma hat Freddy mittlerweile übrigens an einen Kumpel verkauft. Den uns versprochenen Tarif aber gleich mit. Meine Revanche: www.rent-a-wreck.no 🙂 2.000 Kilometer wollen wir fahren, bis nach Tromsö und noch ein Stück dahinter. Einen weiteren Verwandten besuchen. Nordlicht jagen.


Freddys Auto fährt uns sicher zum Einkaufen und die ersten 170 Kilometer bis zu unserer Hütte am Fjord. Dort können wir nichts einkaufen. Die Hütte gehört meiner Mutter. Wir könnten auch woanders hinfahren. In ein Hotel. 150 Euro die Nacht für ein einfaches Zimmer. Nach Alta nochmal 1.000 Kilometer in den Norden, wo die Chance auf Nordlicht noch viel höher wäre. Aber wir fahren auf die Hütte.

Die kleine Sandpiste zur Hütte ist völlig vereist. Schnee liegt keiner. Im Autodisplay werden -9 Grad angezeigt. Die Hütte wird saukalt sein. Ich nehme den Schlüssel und will ihn im umdrehen. Aber die Tür ist bereits auf? In der Hütte bollert der Ofen. Ich schaue auf den zugeeisten Fjord und bin irritiert. Von links ertönen Rufe. „Hei, hei!“ Mein Onkel und seine Frau winken fröhlich. Kuchen und norwegische süße Spezialitäten stehen plötzlich auf dem Tisch. „Kos doccer“(macht es euch gemütlich), sagen sie und sind weg.

Verwandte zu treffen, das ist ein schöne Sache!

Ja, und das Nordlicht, das hätten sie Gestern schon wieder hier über dem begehbaren zugefrorenen Fjord gesehen.

Ja, und heute Nacht soll es wieder kommen. Wir sind um 0.30 Uhr also auf den zugefrorenen Fjord. Die Nacht am Flughafen war ja auch schon so kurz. Also los. Es muss gerade Flut sein unter dem dicken Eis. Es knackt und kracht. Wir sehen zu, Land zu gewinnen. Soll das Eis doch so begehbar sein, wie es will.

Ein waberndes grünes Licht zeigt sich dann tatsächlich in der Ferne. Oder doch nicht. Wir sind unsicher. Ja, nein, ja … Die Füße werden kalt. Zurück in die Hütte. Dieses mal eiern wir nur landseitig über den vereisten Strand. Morgen ist auch noch ein Tag.

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Ein kleiner Schreck

Angekommen in Oslo. Es ist 2 Uhr nachts. Der Flieger nach Bodø geht erst um 8.45h weiter. Wir können noch nicht mal in den Sicherheitsbereich. Der Flughafen ist tot. Nein, eine Bar hat noch offen. Also trinken Thomas und ich erst mal einen halben Liter norwegisches Ringnes für 11 Euro pro Glas – was kann das sonst sein als ein Pils. Bei dem Mondpreis. Norwegen halt!

Aber es musste eben auch ein Schreck verdaut werden. Thomas starrte wenige Stunden zuvor auf das Kofferband. Die Koffer drehten so ihre runden, und es wurden immer weniger. Einige Koffer kannten wir dann schon vom mehrfachen Sehen. Aber Thomas Koffer ist nicht dabei. Meiner schon. Ich meinte noch zu ihm, dass seiner vielleicht per Transit direkt nach Bodø ginge. Nix da. Wir müssen mit beiden Koffern durch den Zoll und dann aus dem Sicherheitsbereich raus, und dann wieder rein. Schließlich geht es von Europa nach Norwegen. Und das ist EU-Ausland. OK.

Aber Thomas Koffer war einfach nicht auf dem Band. Zirka 30 Koffer lagen da aber noch. Komisch. Wo kommen die alle her. Also gingen wir stracks zum Schalter für verloren gegangene Koffer. Filme liefen in unseren Köpfen ab. Ein Urlaub ohne ausreichend Kleidung und das bei diesen Temperaturen.

Und Thomas Koffer war nicht auf dem Band. Die nette Dame vom Schalter nahm alle Daten auf. Farbe: schwarz; Hülle: Stoff, Reißverschluss. Wie Tausende andere Koffer auch. Jeder Koffer hat eine Nummer. Und der Koffer hat einen Gepäckschein, der gescannt wird, sobald er auf das Band kommt. Thomas Koffer wurde nicht gescannt. Lag er also irgendwo auf dem Rollfeld? Ist er überhaupt in Oslo angekommen? Wenn der Koffer auftauchen sollte, wird er uns nach Innhavet zu meinem Onkel geliefert. Gut … oder auch nicht.

Ein letzter Blick noch mal aufs Band. Thomas geht an den Koffern vorbei. Seiner ist nicht dabei. Ich bin hinter ihm. Ich sehe zufälligerweise auf einen Gepäckschein: Thomas Schäkel steht da.

„Hei ist das deiner?“; „Oh Gott, ist der tatsächlich so hässlich …“, sagt er!

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Es geht los

Ein holpriger Start, so lassen sich die ersten Stunden zusammenfassen. Wenn zwei eine Reise tun, müssen sie sich erstmal finden, auch wenn sie seit über 20 Jahren miteinander befreundet sind. Da sind zunächst einmal unsere unterschiedlichen Vorstellungen von Zeitbedarf vor dem Abflug. Der eine will reichlich Vorlauf haben, der andere mag es auf den letzten Drücker. Die goldene Mitte? Die gibt es nicht. Dann ist der eine halt überpünktlich und der andere muss dann früher los als gewollt, holt aber doch noch einige Minuten raus, das Brot will ja noch in Ruhe gegessen werden. Beide glücklich … Hmnaja.

Und dann stellen sich die beiden aufeinander ein. Die Frauen an ihrer Seite, sitzend im Auto, Frotzeleien.

Keine 15 Minuten später stehen wir am Check in. Die ersten norwegischen Worte kommen von links und rechts.

Abschied. Auf durch die Sicherheitsschleusen. Und einer hat dann doch nicht an alle Sicherheitsbedingungen gedacht. So wandert ein Schampo im Müll. Es gibt schlimmeres.

Und noch mehr Norwegisch erklingt kurze Minuten später im Duty free. Hochprozentiges wandert über die Theke und Zigarren. Heute war im Facebook bei der norwegischen Verwandtschaft zu lesen, dass sie auf ihrer Hüttenterrasse hübsch eingepackt saßen und ihren Kaffee genossen. Bei uns wird es dann wohl auch mal eine Zigarre dabei geben. Das Hochprozentige wird aber auch die norwegischen Kehlen hinunterlaufen.

Und was machen Männer, wenn sie dann auf den Flieger warten müssen, weil sie ja sooo früh da sein mussten? Sie trinken erst mal ein …. nein, kein Kölsch … ein Pils und ein Schwarzbier. Und dann posten sie ihren ersten Bericht, lächeln sich an – ja, jetzt kann sie losgehen, die Reise nach Nordnorwegen und die Jagd nach dem Nordlicht.

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