On the Road

Fotos ts


Sechster Tag: Drama und ein gutes Ende

Text bt, Fotos ts

Es gibt Drama, Baby. Als ich diese Worte schrieb, wusste ich noch nicht, wie vieldeutig das sein würde.

Der Morgen beginnt mit einem Schwätzchen bei strahlendem Sonnenschein. Genau richtig für unsere Rundtour auf der nordnorwegischen Insel Senja. Um 7.30 Uhr kommt ein Trecker mit einer Schneefräse den Hotelweg hoch und wirbelt reichlich Schnee an den Wegesrand. Er hält neben unserem Wagen. „Tjør du på job?“ (Fährst du zur Arbeit?) Naja, denke ich bei mir. Unser Blog macht durchaus Arbeit. Thomas will die Schneeketten vom Traktor haben. „45 Kilo. Die sind zu schwer für euren Wagen“, kommt es lakonisch zurück. Hätten wir aber gut gebrauchen können.


Wir fahren ohne Schneeketten los. Sind ja Spikes, die Reifen. Verflixt, der Himmel zieht plötzlich zu. Wir sehen die Hand kaum vor unseren Augen, geschweige denn das in den Reiseführern angekündigte phantastische Panorama. Wir müssen über einen Pass, der fast zugeschneit ist. Wenn die Stangen links und rechts nicht zu sehen wären, wüssten wir nicht, wo es lang ginge.

Wir kommen am Fjord an. Nichts ist zu sehen. Wir steigen an einer Lachsfarm dennoch aus und Thomas fotografiert das, was halt zu sehen ist: Schnee. Und dann kommt das Drama innerhalb von 10 Minuten. Die Wolken steigen immer Höher. Auf der einen Seite schneit es, auf der anderen zeigt sich erst ein blauer kleiner Flecken, dann die Sonne und dann der erste Berg. Das Panorama, das dann von den Wolken frei gegeben wird, verschlägt uns schlicht die Sprache. Drama, Baby! Der Fjord wird von steilen Bergen eingerahmt und will gar nicht enden. Überwältigend und berauschend, dieser Wechsel.

Völlig berauscht fahre ich weiter. Wir haben ja Spikes am Auto, was kostet die Welt. Eine Sekunde lang unvorsichtig – nun gut, ich fahre durchaus gerne zügig. Eine Kurve. Der Wagen schlingert gefährlich. Das Herz rutscht sonst wohin. Zack, das Heck detscht in die Leitplanke. Hin und her. Aber kein Gegenverkehr, und wir kommen zum Stehen. Drama, Baby! Puh. Blechschaden. Jetzt nur ganz ruhig Richtung Hütte zurück. Schließlich sind wir bei meiner Tante zum Essen eingeladen. Das wollen wir doch gerne noch erleben.

Aber unser Dramakonto ist anscheinend nicht genug gefüllt für diesen Tag. Unsere Fähre um 18 Uhr über den Tysfjord ab Kjøpsvik verpassen wir um drei Minuten. Wir sehen sie noch aus dem Hafen fahren. Auf dem Weg zu einer anderen Fähre ab Drag in 50 Kilometer Entfernung bietet sich aber DAS Foto: Der Berg Stetind, ein norwegisches Naturdenkmal, im Abendlicht. Hat sich ja doch irgendwie gelohnt.

Die andere Fähre um 19.10 Uhr erreichen wir dann pünktlich. Über den Tysfjord gibt es keine andere Möglichkeit als eine Fähre. Der Fjord ist bis zu 1.000 Meter tief und er geht bis 5 Kilometer vor Schwedens Grenze. Den kann man nicht umfahren, mit einer Brücke überbauen oder mit einem Tunnel unter der Erde durchfahren. Eine gute Stunde später kommen wir endlich in Innhavet an. Dort wartet bei meinem Onkel Terje und meiner Tante Mary-Astrid Elchgeschnetzeltes auf uns. Das schmeckt vorzüglich. Wir haben eine Menge zu erzählen. Ja, reisen im Winter ist hier eine echte Herausforderung, sind wir uns einig. Der Abend wird veldig koselig (sehr gemütlich).

In der Hütte erwartet uns dann das letzte kleine Drama. Aber im Vergleich zu allem Vorherigen ein wirklich kleines. Die Hütte muss von -5 Grad auf eine erträgliche Temperatur hochgeheizt werden, damit wir am nächsten Tag wieder lebend aufwachen. Um 3 Uhr fallen wir tot aber glücklich ins Bett. Genug Drama. Morgen wartet eine Wandertour mit Mary-Astrid und Terje auf uns. Start ist gegen 10 Uhr. Eigentlich machbar.